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Samstag, 29 Mai 2021 00:29

Bewusstlos unter Wasser im Kajak sitzend - wie kann ich jetzt helfen?

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Bewusstloser Paddler Bewusstloser Paddler David Seehausen

Im schweren Wildwasser kann es in Ausnahmesituationen schon einmal passieren: Man trifft seine Linie nicht ganz, kippt um und schlägt sich unter Wasser den Kopf an und nun – Blackout. Wenn man nun Glück hat, merken die Mitpaddler schnell – hier stimmt etwas nicht. Wenn kein Ansatz zur Rolle erfolgt oder der Paddler auch nach Sekunden nicht aus dem Boot aussteigt. Eine schnelle Reaktion ist jetzt entscheidend.

Da ein solcher Paddler unter Wasser trotz seiner Bewusstlosigkeit bei einer gutsitzenden Neoprenspritzdecke höchstwahrscheinlich selbst bei starker Unterwasserströmung nicht von allein aus seinem Boot gezogen wird müssen die Mitpaddler zur Hilfe kommen.

Wir haben zwei Methoden ausprobiert, die hier helfen könnten:

Methode 1: Den Bewusstlosen Paddler im Boot sitzend umdrehen

Durch die Bewusstlosigkeit hat der Paddler ähnlich wie bei der Kenterrolle einen niedrigen Schwerpunkt, wenn das Boot umgedreht wird. Dadurch ist es relativ einfach möglich, die bewusstlose Person mit den Händen umzudrehen. Das geht sogar, wenn man selbst noch in einem Kajak sitzt.

Dafür wird parallel zum Boot der bewusstlosen Person gefahren. Sein eigenes Paddel legt man bestenfalls auf die andere Seite ins Wasser. Nun beugt man sich über das Boot um versucht mit einer Hand so weit wie möglich um das umgedrehte Boot zu greifen. Je nach Bootsform und Unterschiffgröße sollte man dabei bis kurz vor den Süllrand kommen oder vielleicht sogar bis zum Süllrand. Eventuell muss bei einem nassen Boot auch mehrfach nachfassen, da man abrutscht oder einfach nicht weit genug um das Boot greifen konnte. Hierbei ist unter Umständen ein wenig Geduld gefragt, die man eigentlich gar nicht hat, in solch einer Situation. Dennoch hilft es am Ende vielleicht doch, ein wenig mehr Ruhe zu bewahren um weit um das Boot greifen zu können.

Mit einem kräftigen Ruck gilt es jetzt, das Boot zu sich umzudrehen. Durch die Bewusstlosigkeit der Person sollte dies ganz gut funktionieren. Da man nun die bewusstlose Person stabilisieren muss, da sie ansonsten vermutlich wieder direkt umkippen würde, kann man maximal versuchen mit seinem Paddel auf einer Seite ein wenig die Richtung zu steuern, wo einen gerade die Strömung hindrückt. An eine aktive Vorwärtsbewegung durch eigene Kraft ist nicht zu denken. Daher braucht es nun mindestens eine weitere Person (im Boot sitzend) die nun mit der Bootsspitze beide Boote Richtung Ufer drückt. Am besten hat man nun noch eine weitere Person am Ufer, die nicht im Boot sitzt und somit die bewusstlose Person entgegennehmen kann.

Methode 2: Unter Wasser die Spritzdecke ziehen

Wenn das Unterwasser tief genug scheint und es eher schwierig scheint, um das Boot zu greifen, z.B. weil das Wasser einfach zu unruhig ist, das Boot mit der bewusstlosen Person noch voll in der Strömung ist oder der Bootsumfang wie bei einem Creeker einfach zu voluminös ist, bietet sich Methode 2 an: Als helfende Person greift man unter Wasser an den Öffnungsgurt der Spritzdecke und zieht die Spritzdecke auf. Das klingt an für sich vielleicht einfach, doch ist halbwegs tückisch.

Hierbei muss man nämlich möglichst weit entfernt den Gurt greifen und zu sich ziehen. Dafür ist es entsprechend nötig, sein eigenes Boot stark anzukanten, so dass man selbst drohen könnte umzukippen, wenn man sich nicht ausreichend gut auf der Bootsunterseite des umgekippten Bootes abstützen kann. Greift man zu nah am Gurt und der bewusstlose Paddler hat eine gutsitzende Spritzdecke, wird es erfahrungsgemäß kaum gelingen, die Spritzdecke komplett zu öffnen. Dadurch könnten wertvolle Sekunden vergehen, in denen die bewusstlose Person unter Wasser keine Sauerstoffversorgung erhält oder Wasser inhaliert. Daher lieber einmal beherzt weit unter das Boot die Spritzdecke greifen und hierbei vom Körper der Person mit gespreizten Fingern die Hand zur Bootsspitze führen, damit auch wirklich den Gurt erfasst und anschließend so kräftig wie möglich ziehen.

Die bewusstlose Person sollte dann üblicherweise direkt aus dem Boot fallen. Ggf. hilft es, das Boot ein wenig zu sich anzukanten. Nun sollte man schnell die bewusstlose Person am oberen Schwimmwestengurt greifen, sein Cowtail ziehen und hier einklinken sowie die Person so schnell wie möglich ans Ufer ziehen. Auch hier hilft es ungemein, wenn man mindestens eine weitere Person neben sich im Boot sitzend hat, die z.B. darauf achtet, dass das Gesicht nicht übermäßig viel im Wasser hängt sowie man jemanden hat, der vom Ufer aus Hilfe leistet.

Natürlich gilt es hierbei immer, sich selbst nicht übermäßig in Gefahr zu begeben. Heißt – andere Paddler sollten in unmittelbarer Umgebung sein, das Wasser sollte nicht mehr allzu stark strömen, bzw. Luftdurchsetzt sein. Anders gesagt: Lieber ein paar Sekunden länger warten, bis man im ruhigen Wasser, bzw. im „Pool“ ist oder im Kehrwasser, anstatt in der Hauptströmung.

Im Anschluss sollten die lebensrettenden Sofortmaßnahmen folgen. Wie diese aussehen könnten, darüber haben wir hier geschrieben.

Fazit

Wenn wirklich einmal dieser seltene Fall eintreten sollte, einen bewusstlosen Paddler unter Wasser zu haben gilt es, schnell zu handeln. Nichtsdestotrotz sollte man sich mit seinen Mitpaddlern, wenn auch nur kurz, abstimmen, wie man gedenkt zu helfen. Sprich wer einem wie helfen sollte. Für welche Variante man sich dann entscheidet, wird in den allermeisten Fällen wohl eher intuitiv erfolgen. Daher die die dringende Empfehlung, eine solche Situation einmal in einer sicheren Umgebung auszuprobieren. Erst wenn man einmal die Erfahrung gemacht hat, wie solche Techniken funktionieren oder eben auch nicht, der wird im Falle einer solchen Situation besser damit umgehen können und die Situation einschätzen können, ohne hektisch oder sogar panisch zu werden, sondern wird mit etwas Gefühl das beste aus der Situation machen können.

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Gelesen 23238 mal Letzte Änderung am Donnerstag, 04 November 2021 01:11
David Seehausen

David, Jahrgang '89, ist ausgebildeter BVK-Kanulehrer Kajak sowie Swiftwater Rescue Technician (SRT). Neben der Arbeit im Kanuverein ist er in NRW in einer Kanuschule tätig und darüber hinaus in der Deutschen Kanujugend Ansprechpartner für die Sicherheit.

Bei Kajak+ kümmert er sich neben dem Videoschnitt um die Drehbücher und Moderationen. Von Zeit zu Zeit schreibt er über Themen aus dem Kajaksport, die hier veröffentlicht werden.

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